Angenommen, eine Ihrer Aktien notiert plötzlich 10 Prozent höher oder tiefer. Sie denken wahrscheinlich sofort, dass etwas Wichtiges passiert sein muss. Steigt oder fällt der Kurs dagegen langsam im Lauf von 2 Wochen um denselben Betrag, bemerken Sie es vielleicht überhaupt nicht. Das führt dazu, dass sich Anleger auf Aktien konzentrieren, die gerade große Kursverluste oder Kursgewinne erlebt haben. [1]
Die Annahme, dass bei einer schnellen und großen Bewegung etwas Wichtiges passiert sein könnte, ist naheliegend. Deshalb ziehen viele Anleger aus der Stärke von Kursbewegungen automatisch Rückschlüsse auf die fundamentale Situation der entsprechenden Aktie.
Was ist eine große Bewegung?
Große Kursveränderungen spielen also durchaus eine Rolle, da sie mit einer gewissen Signalwirkung einhergehen. Doch ab wann ist eine Kursbewegung „groß“? Die jeweilige Wahrnehmung ist subjektiv. Sie hängt auch davon ab, welche Aktien ein Anleger sonst noch hält und wie stark sie schwanken.
Hier setzt die Studie von Constantinos Antoniou, Junyang Guo und Neil Stewart von der Universität Warwick an. [2] Sie untersuchen, ob Anleger unterschiedlich reagieren, wenn sie dieselbe Kursveränderung einer Aktie erleben. Aus der Psychologie ist bekannt, dass die Wahrnehmung einer Größe zu einem gewissen Grad subjektiv ist, da sie von früheren Erfahrungen der jeweiligen Person abhängt. Wer also bislang nur wenig volatile Titel im Portfolio hatte, wird von einer 10-prozentigen Bewegung stärker beeinflusst als jemand, der viele Werte mit hohen Kursschwankungen im Depot hat.
Die Autoren nutzen für ihre Untersuchungen die Daten eines Brokers aus Großbritannien. Sie untersuchen, ob die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger eine bestimmte Aktie verkaufen, von der Rendite beeinflusst wird, die sie am Vortag erzielte. Zudem ermitteln sie für jeden Anleger die maximalen und minimalen vergangenen Renditen der von ihnen gehaltenen Aktien. Waren die zuletzt betrachteten Tagesrenditen im Vergleich dazu sehr hoch oder sehr niedrig, werden sie als extrem eingestuft.
Ergebnisse
Aus den Untersuchungen geht hervor: Die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger eine Aktie verkaufen, hängt von der Höhe ihrer Kursveränderung am Vortag ab. Je größer die Bewegung, desto wahrscheinlicher ein Verkauf.

Interessant ist auch, dass die Verkaufswahrscheinlichkeit damit zusammenhängt, ob Anleger die Schwankungen als groß wahrnehmen. Es kommt also darauf an, was man gewohnt ist. Bei einer gegebenen Tagesrendite wird viel wahrscheinlicher verkauft, wenn sie vom Anleger im Vergleich zu den bisherigen Erfahrungen als hoch eingeschätzt wird und damit entsprechende Aufmerksamkeit erzeugt.
Fazit
Anleger verkaufen häufiger nach großen Kursbewegungen – nach positiven wie negativen.
Hinweis: Eine frühere Version dieses Artikels erschien in Smart Investor.
Quellen:
[1] Barber, B. M. / Odean, T. (2008), All That Glitters: The Effect of Attention and News on the Buying Behavior of Individual and Institutional Investors, The Review of Financial Studies, Vol. 21, Nr. 2
[2] Antoniou, C. / Guo, J. / Stewart, N. (2021), Subjectively Salient: Contrast Effects in Investor Responses to Stock Returns, University of Warwick
Nach einem größeren Kurssprung zu verkaufen, kann Sinn machen.
Beispiel: Aktie notiert bei 80 $, der errechnete Fair-Value liegt bei 100 $.
Innerhalb weniger Tage steigt nun der Kurs auf 110 $.
In genau so einem Fall würde ich verkaufen.
Oft ist es auch so, dass nach einem kurzfristigen Kurssprung erstmal eine Gegenbewegung kommt. In unserem obigen Beispiel könnte die Aktie einen Tag später wieder bei 100 $ stehen.
Es hätte also Sinn gemacht, bei 110 zu verkaufen und evtl. bei 100 wieder einzusteigen, falls man der Aktie noch mehr zutraut.
Liebe Grüße,
DerFinanznomade