Eigentlich sind Aktienrückkäufe eine gute Sache. Doch es gibt einen Aspekt, der wenig Beachtung findet: Zum Teil werden sie lediglich dazu verwendet, die Verwässerung durch aktienbasierte Vergütung zu kompensieren. Aber der Reihe nach.
Die Sache mit den Rückkäufen
An Manager ausgegebene Aktienoptionen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Zeitwert zu berücksichtigen, den sie bei ihrer Ausgabe aufweisen. Diese Optionen stammen direkt von den Unternehmen, es sind keine börsengehandelten Derivate. Die verbuchten Optionswerte werden später nicht mehr angepasst. Auch dann nicht, wenn sie in langen Bullenmärkten stark im Wert steigen. Üben die Mitarbeiter die Optionen aus, bekommen sie die Aktien zum mitunter viel niedrigeren Basispreis.
Hier kommen die Rückkäufe ins Spiel. Zum Teil werden sie dazu verwendet, ausgeübte Mitarbeiteroptionen zu bedienen. Das ist einfacher, als immer wieder neue Aktien dafür auszugeben. Die zurückgekauften Aktien sind also nicht unbedingt dauerhaft eingezogen, sondern können wieder auf den Markt kommen. Zurückgekauft werden sie aber oft zu weitaus höheren Kursen, als die Optionen der Mitarbeiter einst verbucht wurden.
Versteckte Kosten
Kai Lehmann vom Flossbach von Storch Research Institute hat das nachgerechnet: Die Konzerne des S&P 100 verbuchten von 2006 bis 2019 insgesamt 670 Mrd. US-Dollar aktienbasierte Vergütungen. Tatsächlich an das Management übertragen wurden aber Aktien im geschätzten Wert von 1,4 Bio. US-Dollar. Lehmann zufolge dürften die versteckten Kosten von 2006 bis 2019 im Durchschnitt 4,3 Prozent des Cashflows ausgemacht haben. Dabei schwankt dieser Wert im Zeitablauf je nach Kosten der Aktienrückkäufe. Nach Crashs ist er niedriger und nach Kursanstiegen höher. [1]

Bislang wurde weitgehend darüber hinweggesehen. Die Unternehmen argumentieren, dass es ohne Aktienanreize nicht möglich ist, Talente als Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten oder die Interessen von Managern und Aktionären in Einklang zu bringen. Zudem können vor allem junge und kapitalschwache Firmen mit umfangreicher aktienbasierter Vergütung geringere Festgehälter zahlen und damit Cash sparen bzw. Zeit gewinnen. Entsprechend beliebt ist das Ganze. Schätzungen zufolge betrugen aktienbasierte Vergütungen im Jahr 2022 rund 270 Mrd. US-Dollar, was 6 bis 8 Prozent der Gesamtvergütung börsennotierter US-Firmen entspricht. [2]
Gezielte Methode
Rückkäufe können also gezielt dazu dienen, die Verwässerung durch an Mitarbeiter ausgegebene Aktien zu kompensieren. [2][3][4] Bei ausgewählten Fortune-100-Firmen machte der Effekt rund 37 Prozent der zurückgekauften Aktien aus. [5] Die Verwässerung der Aktionäre kann dabei als negative Dividende bezeichnet werden. Schon 2015 rechnete eine Studie hoch, dass bei den 100 größten Nicht-Finanzunternehmen im S&P 500 über 5 Jahre rund 150 Mrd. US-Dollar via Rückkauf aus den Taschen der Aktionäre an die Mitarbeiter flossen. [6]
Ich hasse es, durch aktienbasierte Vergütung verwässert zu werden. Aber ich akzeptiere, dass es zu den modernen Kosten des Geschäftsbetriebs gehört. (Brian Feroldi)
Mitunter werden sogar mehr Aktien an Mitarbeiter ausgegeben als zurückgekauft. So kaufte Meta von 2012 bis 2019 jährlich 0,5 Prozent der ausstehenden Aktien zurück, aber gab 4,2 Prozent über Vergütungsprogramme an Mitarbeiter aus. [1] Hier war die Verwässerung also erheblich. Vielleicht werden Aktienrückkäufe in Zukunft deshalb nicht mehr wie bisher einfach „durchgewunken“. Das Thema wird in Analystenkonferenzen bereits häufiger angesprochen.
Es gibt aber auch Gestaltungsspielraum. So könnten die Aktien schon gleichzeitig mit der Ausgabe der Optionen zurückgekauft werden statt erst kurz vor Ausübung. Damit wäre die Wertdifferenz gedeckt. Dem steht jedoch ein negativer Liquiditätseffekt gegenüber. Es ist auch möglich, fiktive Aktien zu begeben, bei denen (positive) Kursveränderungen mit Cash beglichen werden. Das wäre transparent und würde eine Verwässerung vermeiden, könnte für die Unternehmen aber teuer werden.
Fazit
Vielen Anlegern ist nicht bewusst, dass Kapital auf diese Weise von den Aktionären zum Management abwandern kann.
Quellen:
[1] Lehmann, K. (2020), Die wahren Kosten aktienbasierter Vergütung, Flossbach von Storch Research Institute
[2] Mauboussin, M. J. / Callahan, D. (2023), Stock-Based Compensation: Unpacking the Issues, Morgan Stanley Investment Management
[3] Mohanram, P. S. / White, B. J. / Zhao, W. (2020), Stock-Based Compensation, Financial Analysts, and Equity Overvaluation
[4] Bonaime, A. A. / Kahle, K. M. / Moore, D. / Nemani, A. (2020), Employee Compensation Still Impacts Payout Policy
[5] Dravis, B. (2019), Dilution, Disclosure, Equity Compensation, and Buybacks, Harvard Law School Forum on Corporate Governance
[6] Hohaus, B. (2025), Share Buybacks and Employee Stock Options, CESifo Forum
Sehr interessant. Danke für deine Arbeit 🙂