Es gibt einige Studien, die nachhaltigen Investments eine Überrendite attestieren. Aus Sicht der Kapitalmarkttheorie sollte das aber nicht der Fall sein. Und genau das wiederum begründet den Nutzen nachhaltiger Investments, wie Cliff Asness von AQR Capital in einem Artikel beschreibt. [1] Hier fasse ich das Ganze kurz zusammen.
Zunächst definieren wir nachhaltiges Investieren. Der Mainstream-Begriff dazu ist ESG, was für Environment, Social and Goverance (Umwelt-, Sozial- und Unternehmenspolitik) steht. Dabei werden bestimmte Firmen, die einzelne ESG-Kriterien nicht oder nicht ausreichend erfüllen, vom investierbaren Universum ausgeschlossen. Aus individuellen ethischen Gründen mag das eine gute Sache sein. Doch ermöglicht das auch bessere Renditen als unter Einbezug der „schlechten“ Unternehmen, wie manche behaupten?
Asness bezeichnet diese These als Verkaufstaktik der ESG-Manager. Gutes tun und dafür überdurchschnittlich belohnt werden? Das klingt zu schön, um wahr zu sein.
Niedrigere erwartete Renditen
Was man durch Screening Out einzelner Aktien tatsächlich erreicht, ist eine niedrigere erwartete Rendite. Der Effekt mag klein sein, wenn es am Markt nur einen geringen Anteil „schlechter“ Unternehmen gibt, aber er lässt sich kaum wegdiskutieren.
Zunächst führt Asness als Begründung den gesunden Menschenverstand an: Wie kann eine Einschränkung der Anlagemöglichkeiten im Vorhinein dazu führen, dass man ein systematisch besseres Ergebnis erzielt? Wenn wir von der Zielsetzung ausgehen, die Rendite für ein bestimmtes Risiko zu maximieren, kann man mit einer Einschränkung der Möglichkeiten im allerbesten Fall genauso gut abschneiden wie ohne Restriktionen. Wahrscheinlich ist dagegen, dass bei gleichem Risiko eine niedrigere erwartete Rendite resultiert. Anleger, die auch „schlechte“ Aktien einbeziehen, können also höhere Renditen erwarten.
Für alle, die das nicht glauben (möchten), geht Asness weiter ins Detail. Egal, was einzelne Anleger tun oder nicht tun, der Markt muss sich als Ganzes bereinigen. Jede Aktie muss von jemandem gehalten werden. Wenn nun einige Akteure entscheiden, keine „schlechten“ Aktien mehr zu besitzen, dann müssen diese von den übrigen Anlegern gehalten werden. Um diesen aber einen Anreiz zu bieten, das zu tun, müssen diese Titel eine höhere Rendite versprechen. Unter sonst gleichen Bedingungen müssen sie also günstiger sein.
Positiver Wandel
Anschließend erklärt Asness, woher nun der positive Wandel kommen kann, den nachhaltige Anleger anstreben. Demnach sind die höheren erwarteten Renditen der „schlechten“ Aktien gleichzeitig der Abzinsungsfaktor bzw. die Kapitalkosten, mit denen solche Projekte (theoretisch) kalkuliert werden. Zwar ist die Welt deutlich komplexer und Investitionsprozesse sind vielschichtig, aber im Großen und Ganzen kann man diesen Zusammenhang unterstellen.
Wenn die Projekte also nach wie vor die gleichen Cashflows erzeugen, führen die höheren Kapitalkosten dazu, dass der Anteil kalkulatorisch nicht profitabler Projekte zunimmt. Deshalb sollten weniger davon umgesetzt werden. Genau das wäre der positive Wandel, den nachhaltiges Investieren anstrebt, entstanden durch eine Verschiebung der Kapitalkosten.
Dafür müssen Anleger aber (bewusst) Abstriche bei den erwarteten Renditen machen. Die entscheidende Frage ist also: Sind nachhaltige Investoren dazu bereit, mit (etwas) niedrigeren Renditen zu leben? Oder haben sie nur deshalb auf Nachhaltigkeit gesetzt, weil ihnen höhere Renditen versprochen wurden?
Fazit
Eine pauschale Eingrenzung des Aktienuniversums führt zu suboptimalen Portfolios mit systematischem Renditenachteil.
Quelle: Asness, C. (2017), Virtue is its Own Reward: Or, One Man’s Ceiling is Another Man’s Floor, AQR Capital
Ein nachhaltiger Anleger hat als Ziel sicher keine Überrendite, sondern möchte mit einem guten Gewissen anlegen.
Ich habe mal die Entwicklung des Dax mit dem Dax Ethik 30-Index verglichen: der Dax Ethik 30 enthält 16 Dax-Titel und schneidet langfristig gleich ab wie der gesamte Dax selber. Wer also Dax-Performance mit einem gewissen ethischen Anspruch erzielen will ist dort gut aufgehoben.
Allerdings frage ich mich, welche Kriterien beim Dax Ethik 30 tatsächlich zugrunde liegen.
Eine Daimler hat meines Erachtens in einem Ethik-Index nichts verloren.
Gruß, MM
Das wäre ja ideal, wenn es dem nachhaltigen Anleger wirkich um seinen Impact geht. Ich denke manchmal, dass es nur ein Vorwand ist… Beim DAX ist die Stichprobe vielleicht zu klein, der Effekt zeigt sich erst über lange Zeit und ein großes Aktienuniversum. Kurzfristig kann immer alles passieren 😉