Gesetze der Märkte: Das Informationsparadoxon

Die Märkte sind grundsätzlich von Risiko und Unsicherheit geprägt. Aber es gibt trotzdem ein paar Gesetze, die immer gelten. Eines davon ist das Informations-Paradoxon: Es ist unmöglich, dass die Märkte immer alle verfügbaren Informationen vollständig und angemessen berücksichtigen.

Auf den ersten Blick klingt das nicht besonders dramatisch. Doch das Paradoxon hat weitreichende Konsequenzen für Theorie und Praxis. Denn wenn es nach der Effizienzmarkthypothese (EMH) geht, würden die Kurse zu jedem Zeitpunkt alle verfügbaren Informationen vollständig und angemessen widerspiegeln.

Aufgestellt wurde die EMH im Jahr 1970 von Eugene Fama, nachdem er schon 1965 „effiziente Märkte“ in einem Paper beschrieb. [1][2] Für lange Zeit war sie die grundlegende Annahme in der Finanzmarktforschung. Doch im Jahr 1980 bekam sie einen ersten Riss, als Sanford Grossman und Joseph Stiglitz ihr berühmtes Paper „On the Impossibility of Informationally Efficient Markets“ veröffentlichten [3]. Dort lieferten sie den Beweis, dass die strenge Form der Informationseffizienz, die der EMH zugrunde liegt, am realen Markt nicht existieren kann.

Die zentrale Argumentation: Wären die Märkte tatsächlich vollkommen informationseffizient, könnten die Marktteilnehmer, die unter Zeit- und Kostenaufwand fortlaufend die dafür nötigen Informationen sammeln und auswerten, keine Gewinne machen. Genau hier liegt das Problem. Denn wer würde umsonst dafür arbeiten, dass die Preise jederzeit korrekt bleiben? Wahrscheinlich niemand. Aber wenn niemand Informationen einpreist, können die Kurse an den Märkten natürlich nicht effizient sein. Damit avanciert das Informationsparadoxon zum handfesten Argument gegen die EMH.

 

„Because information is costly, prices cannot perfectly reflect the information which is available, since if it did, those who spent resources to obtain it would receive no compensation.“ [1]

 

Was bedeutet das für die Praxis? Da die Märkte nicht immer alle Informationen vollständig berücksichtigen, kann man sich einen Vorteil beim Handel verschaffen. Es ist also möglich, die Märkte zu schlagen.

Das heißt aber nicht, dass es leicht ist! Die Konkurrenz um Gewinne an den Märkten ist sehr stark. Im Ergebnis sind die Märkte gewissermaßen „effizient ineffizient“. Das heißt, man muss um jeden Euro kämpfen. Je nach Marktphase kann die Effizienz außerdem schwanken, wenn der Anteil der eingepreisten Informationen variiert. In ruhigen Phasen dürfte sie höher, in turbulenten Phasen niedriger sein.

 

Fazit

Die Preise an den Märkten können nicht (immer) effizient sein, da sich sonst niemand die Mühe machen würde, fortlaufend neue Informationen einzupreisen.

 

Quellen:

[1] Fama, E. (1970), Efficient Capital Markets: A Review of Theory and Empirical Work, Journal of Finance, Vol. 25, Nr. 2, S. 383-417

[2] Fama, E. (1965), The Behavior of Stock Market Prices, Journal of Business, Vol. 38, Nr. 1, S. 34-105

[3] Grossman, S. J. / Stiglitz, J. E. (1980), On the Impossibility of Informationally Efficient Markets, The American Economic Review, Vol. 70, Nr. 3, S. 393-408

2 thoughts on “Gesetze der Märkte: Das Informationsparadoxon”

  1. Könnte man es aus wissenschaftlicher Sicht vielleicht sogar soweit vereinfachen, dass man sagt: Die Märkte sind die (bisher) beste bekannte Annäherung für die Bewertung der Weltwirtschaft, so wie 3.1415… die (bisher) beste bekannte Annäherung für die Kreiskonstante Pi ist? Viele Grüße aus Berlin 🙂

  2. Ja Stef. Die Kurse an den Märkten sind der beste Weg, um den fairen Wert zu ermitteln. Dadurch, dass es einen aktiver Handel mit unzähligen Teilnehmern gibt, ist die Bewertung eine Art Crowd-Effekt. Temporär kann die Masse aber auch falsch liegen, Ineffizienzen sind also möglich (und treten auch immer wieder auf). Denn die Kurse bewegen sich viel stärker, als es die Veränderungen in den Fundamentaldaten rechtfertigen. Das wurde auch schon vor langem gezeigt, werde ich demnächst als Beitrag bringen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert