Saisonale Effekte durch temporäres Mispricing

Aktien neigen dazu, jedes Jahr im gleichen Monat hohe oder niedrige Renditen relativ zu anderen Aktien zu erzielen. [1] Die Studie „Are Return Seasonalities Due to Risk or Mispricing?“ zeigt, dass diese saisonalen Effekte durch spätere Reversals wieder ausgeglichen werden.[2]

Eine Aktie mit relativ höheren Renditen in einem bestimmten Monat weist demnach in den übrigen Monaten entsprechend niedrigere Renditen auf. Mit anderen Worten: Saisonalitäten und deren Reversals summieren sich im Lauf eines Kalenderjahres auf eine Überrendite von null – und das weist darauf hin, dass Saisonalitäten durch ein vorübergehendes Mispricing verursacht werden. Doch wie kommen die Forscher zu dieser Schlussfolgerung?

 

Erklärungen

Grundsätzlich können Renditeanomalien auf Risiken oder Mispricing basieren. Ist ein Wertpapier in einem bestimmten Monat riskanter, könnte in dieser Zeit also ein entsprechend höherer Teil der Risikoprämie erzielt werden. Alternativ könnten sich die Kurse aber auch vom fundamental angemessenen Niveau entfernen, weil die Nachfrage der Anleger nach riskanten Wertpapieren von einem Monat zum nächsten systematisch schwankt. Die Autoren argumentieren nun, dass es sich bei den beobachteten saisonalen Effekten um den zweitgenannten Fall des Mispricings handeln muss, wenn sich die saisonalen Renditen durch entsprechende Reversals wieder umkehren – und genau das tun sie.

Das Paper verweist zur Erklärung auf das Ergebnis einer anderen Studie, in der ähnliche Effekte auf Intraday-Basis gezeigt wurden. Dort wird argumentiert, dass (institutionelle) Händler zu bestimmten Tageszeiten konsistent in eine bestimmte Richtung handeln und damit systematisch Einfluss auf Angebot und Nachfrage nehmen. Überträgt man das auf höhere Zeitebenen und nimmt an, dass ein Teil der Marktteilnehmer nur selten handelt und für prognostizierbare Verschiebungen von Angebot und Nachfrage sorgt, so würde das ein vorübergehendes Mispricing in Form saisonaler Effekte erklären.

Die Studie zeigt weiterhin, dass ähnliche saisonale Effekte auf Monats- und Tagesbasis auch bei Länderindizes und Rohstoffen auftreten. Und überall, wo diese Effekte bestehen, bauen sich die Renditen durch spätere Reversals wieder ab. Aus diesen Erkenntnissen zu den Phasen relativer, saisonaler Über- und Unterrenditen lassen sich entsprechend Informationen für Handelsstrategien ableiten, die allerdings aktives Trading erfordern. Die Autoren weisen abschließend darauf hin, dass der Effekt unabhängig von den klassischen Faktoren des kurzfristigen und langfristigen Reversals sowie von Momentum auftritt.

 

Fazit

Saisonale Effekte einzelner Aktien in bestimmten Monaten stellen temporäre Mispricings dar, die sich über das Gesamtjahr wieder ausgleichen.

 

Quellen:

[1] Heston, S. L. / Sadka, R. (2010), Seasonality in the cross-section of stock returns, Journal of Financial and Quantitative Analysis, Vol. 45, Nr. 5, S. 1133-1160

[2] Keloharju, M. / Linnainmaa, J. T. / Nyberg, P. (2019), Are Return Seasonalities Due to Risk or Mispricing? Evidence from Seasonal Reversals, Aalto University & University of Southern California

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert