Warum sind Growth-Aktien immer so teuer?

Growth-Aktien haben im Vergleich zum Marktdurchschnitt deutlich höhere Bewertungen. Um das zu verstehen, hilft eine Analyse der tatsächlichen Werttreiber. Entscheidend sind letztlich zwei Komponenten: [1]

● Dauerhafter Wert des aktuellen Zustands (Steady State): Die bestehenden Strukturen des Unternehmens erzielen dauerhaft einen gewissen Gewinn, der rechnerisch „für immer“ angenommen werden kann. Ein geeignetes Multiple hierfür ist der Kehrwert der Eigenkapitalkosten. Robeco rechnet im angeführten Beispiel mit acht Prozent. Das entspricht einem KGV von 12,5 (Berechnung: 1 / 0,08).

● Künftig erwarteter Wertzuwachs (Zukunftsmusik): Auf Basis von drei fundamentalen Faktoren entsteht die Fantasie bei Growth-Aktien. Diese sind (1) Differenz zwischen Kapitalkosten und im Unternehmen erzielter Investitionsrendite, (2) relative Größe profitabler Investitionsmöglichkeiten und (3) Dauer des Wettbewerbsvorteils.

 

Robeco schreibt, dass die erste Komponente (der Steady-State-Wert) im Zeitablauf stark variieren kann, was vom Marktzinsniveau sowie dem Risikoappetit der Anleger abhängt. Allerdings beeinflusst das alle Unternehmen gleichermaßen und sagt deshalb noch nichts über die hohe Bewertung von Growth-Aktien aus.

Die Unterschiede der Multiples verschiedener Firmen werden also durch die zweite Komponente bestimmt, dem zukünftig erwarteten Wertzuwachs. Deren drei fundamentale Treiber sind stark davon abhängig, in welcher Lebenszyklusphase sich ein Unternehmen befindet. So haben junge Firmen potenziell langanhaltende künftige Wertzuwächse vor sich und verdienen deshalb weitaus höhere Multiples als ältere, größere und etablierte Unternehmen. Letztere machen einen Großteil der Märkte aus, haben aber relativ zu ihren bestehenden Strukturen weitaus geringere oder gar keine Wachstumsaussichten.

 

Growth Wachstumsaktien Bewertung Multiple KGV Modell Robeco
Die Grafik zeigt die theoretische KGV-Entwicklung eines fiktiven Unternehmens, das anfangs eine positive Differenz von 25 Prozent über seine Kapitalkosten (8 Prozent) hat. Diese Differenz nimmt jedes Jahr um ein Prozent ab, sodass der Wettbewerbsvorteil nach 25 Jahren verschwunden ist. Unter Annahme perfekter Voraussicht berechnet Robeco, dass rationale Anleger zu Beginn ein scheinbar astronomisches KGV von 96,9 zahlen würden. Der Grund ist die Erwartung vieler Jahre profitablen Wachstums. Mit der Zeit wird dieses Wachstum immer weiter realisiert und die verbleibenden Erwartungen nehmen ab, bis das finale Niveau das Steady-State-KGV von 12,5 erreicht wird. Quelle: Robeco (2020), The Big Book of Trends & Thematic Investing, S. 66

 

Growth-Anleger suchen also nach relativ jungen Unternehmen, die künftig attraktive Möglichkeiten erwarten lassen, hohe Kapitalrenditen zu erzielen. Modellberechnungen zeigen, dass entsprechend hohe Erwartungen zu Bewertungen führen, die zunächst extrem erscheinen. Werden die Erwartungen mit der Zeit realisiert, aber die Wettbewerbsvorteile der Firmen gehen gleichzeitig zurück, fallen die Bewertungen in Richtung des dauerhaften Steady State. Die Wachstumsstory ist damit also zu Ende.

 

Fazit

Bei Wachstumstiteln ist ein hoher erwarteter Wertzuwachs bzw. viel Zukunftsmusik eingepreist.

 

Quelle:

[1] Robeco (2020), The Big Book of Trends & Thematic Investing

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